Deutschland 1948 - Reise durch vier Zonen (German Edition) by Alemann Ernesto F. & Alemann Roberto T. & Alemann SRL Verlag

Deutschland 1948 - Reise durch vier Zonen (German Edition) by Alemann Ernesto F. & Alemann Roberto T. & Alemann SRL Verlag

Autor:Alemann, Ernesto F. & Alemann, Roberto T. & Alemann SRL, Verlag [Alemann, Ernesto F.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlag Alemann SRL
veröffentlicht: 2020-09-28T16:00:00+00:00


Bremen: „Heraus aus dem Schutthaufen und Elend! Die Vereinigten Staaten von Europa. Das ist unsere einzige Rettung“, lautet ein Plakat.

Wir trafen um fünf Uhr nachmittags in Bremen ein, orientierten uns erst, und fanden komfortables Quartier im Hotel Bremen an der Wachhauser Heerstraße, einer prächtigen Allee mit behäbigen, nur hin und wieder beschädigten oder zerstörten Bürgerhäusern. Dieses weitläufige zweistöckige Gebäude diente als Stift für alte Damen Bremens und wurde von der amerikanischen Militärbehörde requiriert. Nach einem schnell eingenommenen Imbiss fuhren wir zurück in die Stadt und kamen noch rechtzeitig zu einer Theatervorstellung. Am folgenden Vormittag besichtigten wir die Stadt und den Dom, wurden vom Oberbürgermeister Wilhelm Kaisen empfangen, nahmen unser Mittagessen im Ratskeller ein, es war ebenso gut wie in vergangenen Zeiten, fuhren nach Vegesack, um auch Außenquartiere zu sehen, dann wieder ins Hotel und zwischen dem Einpacken und Unterbringen der Koffer im Auto, mit dem wir um vier Uhr nach Hamburg reisen sollten, wurde noch eine Radioreportage eingeschoben, die Radio Bremen am folgenden Tage zu senden beabsichtigte. Es war ein voll ausgefüllter Tag, der sich aber darin nicht wesentlich von den anderen Tagen unserer Deutschlandreise unterschied.

Mittelpunkt dieses kurzen Besuchs in Bremen war ein Gespräch mit dem Bremer Senatspräsidenten und Oberbürgermeister Kaisen, der uns mit der Liebenswürdigkeit empfing, die wir überall in Deutschland angetroffen haben. Auch er gehört zu der Phalanx charaktervoller Nazigegner, die in die Bresche springen mussten, als es galt, Deutschland nach dem Orkan der zwölfjährigen braunen Schmach aus den Trümmern zu bergen, unter denen es begraben lag. Er ist alter Sozialdemokrat, ursprünglich Maurer, dann im Hamburger Arbeitsamt beschäftigt, denn er stammt aus Hamburg, und wurde 1919 von der Partei zur Bekämpfung der Spartakisten nach Bremen entsandt, das sie beherrschten. Er gründete, eine Zeitung der Mehrheitssozialisten, wie sich die Sozialdemokraten damals nannten, gewann langsam, aber stetig Einfluss, erhielt auch ein politisches Mandat und widmete seine ganze Kraft in stiller, gedeihlicher Arbeit dem Bremer Gemeinwesen, bis die Nazis kamen. Erst wurde er gewaltsam abgesetzt, da die Mehrheit der Bremer sich dem braunen Verbrechertum widersetzte, und 1934 erhielt er Aufenthaltsverbot. Was tun? war die Schicksalsfrage für einen Familienvater, der keine Reichtümer hatte sammeln können. Der Oberbürgermeister erzählte auf mein Befragen seine Lebensgeschichte. Er sah sich um, und da fiel ihm ein Siedlungsprojekt ein, das er einmal bearbeitet hatte. Die Erben des bekannten Afrikadeutschen Lüderitz hatten ein Gelände von 300 Hektar in der Nähe Bremens aufgeteilt. Das wertloseste Stück, zwanzig Morgen groß, war noch übriggeblieben. Er übernahm es, wurde Bauer, entsäuerte den Boden, bewies den Nachbarn, was man bei intensiver Bewirtschaftung daraus holen könne. So brachte er seine Familie zwölf Jahre lang schlecht und recht durch, war auch in Haft, wurde aber wieder freigelassen, da man ihm nichts nachweisen konnte. Er stand am Pfluge, als ein Auto anhielt und die Amerikaner ihn holten, um ihn mit der Verwaltung Bremens zu betrauen. Getragen vom Vertrauen der Bürgerschaft, wie der bremische Landtag heißt, regiert er auch nach den Wahlen vom Oktober 1947 weiter, die der SPD von hundert Mandaten 46, der CDU 24, der



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